„Der Schaden wäre um ein Vielfaches größer als der Nutzen“
Mit einem Schreiben hat sich Sport Austria nach seiner Präsidiumssitzung am Dienstag an den Sportminister, an den Finanzminister sowie an die Sport-Staatssekretärin gewandt, um erneut vor unüberlegten Einsparungen im Spitzen-, Breiten- und Schulsport zu warnen.
Wie der aktuellen Diskussion zu entnehmen ist, steht die Bundesregierung vor der Herausforderung, umfassende Einsparungen vorzunehmen. Die Rede ist von Kürzungen in Höhe von 15 Prozent oder mehr in allen gesellschaftlichen Bereichen – auch im Sport. Im Schreiben wird deshalb besonders auf die positiven volkswirtschaftlichen Hebeleffekte des Sports durch den Spitzen-, Breiten-, Schul- und Gesundheitssport eingegangen – so heißt es darin: „Eine derartige Kürzung im ohnehin vergleichsweise kleinen Sportbudget des Bundes würde dem Staat nur eine symbolische Ersparnis bringen. Gleichzeitig würden jedoch viele der positiven Effekte des Sports außer Kraft gesetzt – mit erheblichen negativen Folgen. Der Schaden wäre um ein Vielfaches größer als der Nutzen.“ Sport sei ein Bereich, in dem man mit verhältnismäßig geringem Mitteleinsatz einen enormen gesellschaftlichen Mehrwert erzielen könne.
Eine Kürzung um 15 Prozent oder mehr hätte gravierende Auswirkungen auf viele Bereiche des Sports. Im Spitzensport beispielsweise auf Trainer:innen-Anstellungen genauso wie auf Nachwuchsprojekte oder auf Bewerbungen für Großevents. Im Breitensport auf die Arbeit von rund 584.000 Ehrenamtlichen und auf die weitere Ausrollung der Täglichen Bewegungseinheit.
Nachhaltige Einsparungen für die Republik seien eigentlich nicht durch Kürzungen, sondern durch gezielte Investitionen in Sport und Bewegung zu erzielen, wird im Schreiben an die Regierungsmitglieder betont. Ein Blick nach Schweden zeige den positiven Einfluss einer sportfreundlichen Politik: „Während die durchschnittliche Lebenserwartung in beiden Ländern ähnlich ist, leben die Menschen in Schweden ab 65 Jahren im Schnitt zehn Jahre länger gesund als in Österreich und sparen dadurch Kosten im Gesundheitssystem ein. Investitionen in Sport und Bewegung zahlen sich also nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich aus.“
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Stimmen nach der Sport Austria-Präsidiumssitzung
Sport Austria-Präsident Hans Niessl: „Das Regierungsprogramm zeigt, dass die Bundesregierung den enormen Mehrwert des Sports erkannt hat. Wir vertrauen darauf, dass sie bei der Budgetkonsolidierung die Bedeutung des Sports als Gesundheits-, Wirtschafts- und Integrationsmotor sowie die Vorbildrolle unserer Spitzensportlerinnen und Spitzensportler in ihre Überlegungen miteinbezieht und verantwortungsbewusste, zukunftsorientierte Entscheidungen trifft. Für uns ist es daher ganz wichtig, dass Spitzensport und Breitensport weiterhin die Rahmenbedingungen vorfinden, die sie benötigen, um gute Arbeit leisten zu können. Das heißt: intelligent sparen, Effizienz steigern und die Menschen in Bewegung halten.“
Maria Rauch-Kallat, Präsidentin den Paralympischen Committees: „Es wird jeder Sportverein einsparen müssen. Auch wir werden uns bemühen, Bereiche zu finden, wo es am wenigsten weh tut. Aber leicht wird es nicht sein. Bei uns geht es hauptsächlich um die Entsendung. Wir werden uns da natürlich bemühen, dass nichts bei den Athletinnen und Athleten eingespart wird.“
Harald J. Mayer, Radsport-Präsident: „Wir haben ja alle mitbekommen, dass gespart werden soll. Wobei ich an dieser Stelle ganz deutlich darauf aufmerksam machen möchte, dass das investierte Geld in den Sport der wohl beste Return on Investment ist und an so vielen Stellen positiv im Breiten- als auch im Spitzensport zurückkommt, dass man sich das sehr gut überlegen muss. Als Radsport-Präsident verlange ich keine Einsparung, sondern mehr Geld auszugeben, nämlich für eine Heimstätte des österreichischen Radsports. Auf keinen Fall darf im Nachwuchs gespart werden.“
Peter Reichl, ASVÖ-Präsident: „Der wichtigste Bereich im Breitensport ist derzeit für uns die Jugend, das heißt die Tägliche Bewegungseinheit. Hier haben wir auch ein zeitliches Limit. Wir müssen bis Ende April wissen, ob und in welcher Form, in welcher Höhe dieses Projekt weitergeführt werden kann. Sonst drohen auch Entlassungen, was das Schlimmste für uns wäre. Das wollen wir natürlich verhindern. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist das Ehrenamt, dem man entsprechende Wertschätzung entgegenbringen muss und soll.“
Julian Hadschieff, Behindertensport-Präsident: „Bewegung und Sport sind ein wichtiger Inklusionsmotor. Und als Selbstbetroffener weiß ich, wie wichtig der Sport für die eigene Gesundheit, das eigene Selbstbewusstsein und somit auch für ein selbstbestimmtes Leben ist. Für uns ist eine Investition in den Sport das Aufstoßen des Tores für ein selbstbestimmtes Leben, für die Teilhabe in der Gesellschaft.“
Hermann Krist, ASKÖ-Präsident: „Die Verhandlungen haben noch gar nicht begonnen. Wir warten noch auf die Vorschläge oder Ideen aus der Sektion oder aus dem Kabinett. Für uns ist natürlich essentiell, wo wir allfällig einsparen müssen und unsere Programme und all das, was wir vorbereitet und budgetiert haben, gegebenfalls abändern müssen. Die Verantwortlichen sollten nicht Angst vor der Expertise der Dach- und Fachverbandsverantwortlichen haben. Wir sind lange im Geschäft und wir wissen sehr gut, wo es Möglichkeiten gibt, zu investieren oder vielleicht auch etwas einzusparen. Man sollte auf uns hören.“
Hannes Dinböck, Faustball-Generalsekretär: „Jeder investierte Euro in Bewegung und Sport spart viel, viel Geld. Da sind wir schon bei Millioneneinsparungen. Das heißt für mich in weiterer Konsequenz, wenn man sinnvoll sparen will, mittelfristig sparen will, dann macht es eigentlich Sinn, zumindest die jetzigen Mittel weiterhin sicherzustellen.“
Nicolas Stockhammer, Eishockey-Vizepräsident: „Aus meiner Sicht ist Sparen im Sport sowieso immer bedrohlich, weil es eine nachhaltige Wirkung auf die Gesellschaft und das Gesundheitssystem hat. Wir als Österreichischer Eishockeyverband haben natürlich Kernthemen wie Nachwuchsförderung und Frauensport, den wir sehr stark forcieren. Es geht auch um die Sportstätten. Gerade im Breitensport sehen wir, dass es leider zu wenig Eishallen in Österreich gibt. Das ist ein strukturelles Problem.“
Florian Gosch, ÖOC-Generalsekretär: „Für uns ist das nächste Ziel ganz klar gesteckt. Das sind die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina. Natürlich ist ein Budget nötig, um die Athlet:innen auf höchstem Niveau betreuen zu können, damit sie international konkurrenzfähig zu sein. Olympia hat eine unglaubliche Strahlkraft für den gesamten Sport. Ich glaube, dass dementsprechend auch der olympische Sport für die gesamte Bevölkerung eine große Wirkung hat.“
Gabriela Jahn, Turnsport-Präsidentin: „Turnsport Austria ist ein Verband mit acht Sparten, das heißt, wir bespielen wirklich einen sehr großen Bereich. Wir kennen momentan noch keine Zahlen, aber wenn die Einsparungsmaßnahmen so schlagend werden, wie es bis jetzt im Raum steht, dann könnte es tatsächlich sein, dass wir unsere Trainerinnen und Trainer, also das Kernstück für unsere Athleten und Athletinnen, nicht mehr finanzieren können. Das wäre natürlich ein herber Rückschlag für die Zukunft. Wir können nur laut aufschreien und sagen, welchen nachhaltigen Wert Sport und auch Spitzensport für die gesamte Bevölkerung hat. Da geht es um die Vorbildwirkung, da geht es um soziale Komponenten, da geht es darum, dass wir ein Integrationsfaktor sind.“
Martin Poiger, Judo-Generalsekretär: „Wir sind zwar prinzipiell gut ausgestattet, aber die letzten paar Prozent, die man rausholen muss, die erfordern natürlich auch den entsprechenden Mitteleinsatz. Und deswegen wäre es für uns wichtig, dass die Projekte zusätzlich zur Besonderen Bundes-Sportförderung auch weiterhin kommen, um auch leistungsfähig und erfolgreich bleiben zu können. Dass jetzt ein Sparzwang da ist, den man natürlich, wenn man Nachrichten konsumiert, mitbekommt, ist klar. Aber wir müssen schon darauf hinweisen, dass das wirklich mit Augenmaß und mit einer guten Abwägung gemacht werden sollte, will man, dass wir Topleistungen erzielen. Judo, auch im Schulbereich und im Nachwuchsbereich, ist ein unglaublich wichtiger Sport für die Entwicklung junger Menschen.“
Julia Powischer, Schwimmverband-Generalsekretärin: „Schwimmen ist eine Sportart, die Leben retten kann. Und selbstverständlich haben wir auch den Hochleistungssport zu betreuen. Es müssen Lösungen gefunden werden, die Sport weiterhin gewährleisten. Und dabei muss man auch die Umwegrentabilität in Betracht ziehen. Schwimmen ist ein sehr gesundheitsfördernder Sport. Wenn man hier einspart, wird auf lange Sicht das Gesundheitssystem belastet. Vielleicht kann man das mitbedenken, wenn man den Sparstift ansetzt.“